Neulich bei einem lokalen Treffen mit anderen Modellbahnern staunte ich nicht schlecht als plötzlich einer der Anwesenden ein Modell der Henschel DH 875 im Maßstab 1:32 auspackte:
Henschel Diesellok in 1:32 von Alfred Jungenitz (Karsten Stöhr)

Mir war sofort klar, daß dies das Spur 1 Modell sein mußte, welches Alfred Jungenitz schon 1956 gebaut hatte. Der jetzige Eigentümer bestätigte mir auch die Herkunft.
Man möge das Foto mit dem Bild des Spur II Modells am Anfang dieses Themas vergleichen. Beide Modelle sind ähnlich aufgebaut, wobei das Spur 1 Modell noch nicht komplett die voll funktionsfähigen Achsführungen und Federungen wie beim Spur II Modell aufweist. Dagegen war m.E. die Fertigung eines detaillierten und maßstäblichen Modells 1956 eine noch größere Leistung.
Neben der Lok hatte der jetzige Eigentümer auch noch einen Personenzug, ebenfalls von Alfred Jungenitz erbaut, mitgebracht. Der Post/Packwagen entstand nach einem Vorbild der Großherzoglichen Eisenbahn, eigentlich ein zweiachsiger Wagen mit 9m Achsstand. Das wäre im Modell ein zu langer Achsstand gewesen, um mit Schraubenkupplungen durch die Modellradien zu fahren, und so baute Alfred Jungenitz kurzerhand Drehgestelle nach Langenschwalbacher Vorbild unter sein Modell:
PWPost Wagen von Alfred jungenitz in 1:32 (Karsten Stöhr)

Auch die Verwendung dieser Langenschwalbacher Drehgestelle finden wir später bei seinen umgebauten Magnus Spur II Personenwagen wieder, wie auch die Wahl der Farbkombination und des Kürzels für seine fiktive Privatbahn.
Dazu gab es noch zwei Personenwagen nach württembergischen Vorbild:
Württ. Personenwagen von Alfred Jungenitz in 1:32 (Karsten Stöhr)

Es gab noch mehr Spur 1 Modelle, u.a. einen Diesel-Triebwagen sowie diverse Güterwagen. In einer Ausgabe der ehemaligen Zeitschrift „Uno“ für Spur 1 Modellbahnen von 2004 hatte Alfred Jungenitz zurückgeblickt auf seine Spur 1 Aktivitäten:
1954 baute er eine Spur 1 Gartenbahn im Garten des elterlichen Domizils, auf der diese Fahrzeuge fuhren. Dafür mußte er auch 130 Meter Gleise und 12 Weichen von Hand bauen. Er schreibt, daß er zu der damaligen Zeit Bahnpostfahrer auf Fernstrecken war und er in den Übernachtungsquartieren dann regelmäßig 10m Gleis erstellte - zum Unverständnis seiner Kollegen, die aber mithalfen.
Der Artikel zeigt auch einige Fotos seiner Fahrzeuge im Einsatz auf der Gartenbahn. Nach 10 Jahren war Schluß, 1964 mußte die Bahn wegen Umzugs abgebaut werden.
Man muß bedenken, daß in den 50er Jahren die Spur 1 nur von Vorkriegs-Blecheisenbahnen bekannt war. Damals war das Fahren Puffer an Puffer, mit gefederten Achsen und - man beachte - OHNE Mittelleiter(!) für ihn und seine Freunde etwas völlig neues!
Es gab gar nichts zu kaufen, nicht mal Schienen. Er fand damals bei einem westfälischen Messingwerk noch einen Lagerbestand eines 7 mm Schienenprofils aus der Vorkriegszeit. Als Antriebsmotoren verwendete er Scheibenwischermotoren aus Autowracks, die auch gleich Zahnräder für das Getriebe mitlieferten (ursprünglich für die Hin- und Herbewegung des Wischers).
Solch ein Werk einmal zu schaffen ist schon beachtlich, Alfred Jungenitz hat es dann Mitte der 80er bis Mitte der 90er Jahre nochmal wiederholt, nun in Spur II.
Ich habe gar nicht soviele Hüte wie ich ziehen möchte.
Gruß,
Karsten