Lange bevor er sich der Spur II zuwendete baute er nach gleichen Grundsätzen in Spur 1, Maßstab 1:32. In der Ausgabe Nr.4 des ehemaligen Magazins UNO für Modellbahnen in Spur 1 zeigte Alfred Jungenitz in einer Rückschau seine Gartenbahn in Spur 1 von 1954 (!), ein Vierteljahrhundert bevor Märklin die Spur 1 revitalisierte. Alle Fahrzeuge baute er selbst, darunter eine Henschel Diesellok und diverse verschiedene Güterwagen.
Dieselbe Henschel Diesellok baute er Jahrzehnte später noch einmal, diesmal im Maßstab 1:22,5. Sie soll ebenso in einem eigenen Beitrag vorgestellt werden, wie auch weitere Fahrzeuge, die er in Spur II baute. Alle Modelle hat er aus Stahl gebaut, denn sonst wäre es nach O-Ton Jungenitz ja eine „Messingbahn“ oder „Plastikbahn“ aber keine Eisenbahn.
Gleich nach dem Bau der Diesellok schuf er in nur wenigen Jahren auf dem Dachboden eine Modellbahn in Spur II recht großen Ausmaßes mit 31 Weichen, 6 DKW und ca. 200 Metern Gleisen, die er alle selbst gebaut hat. Dabei verwendete er durchweg einen Radius von 2,20 m und Steigungen von 5%. Diese Randbedingungen führten zu seiner Wahl recht ungewöhnlicher und wenig bekannter Vorbilder seiner Lok- und Triebwagenmodelle, die er ebenfalls selbst baute.
Bemerkenswert finde ich die Reihenfolge, erst die Gleisanlage zu erstellen und dann die dazu passenden Fahrzeuge.
Seine Modelle zeichnen bestimmte Bauprinzipien aus, die in der Betriebstüchtigkeit und handwerklichen Ausführung lagen. Wenn ein Teil beschädigt wird - egal welches, sei es ein Tritt, eine Griffstange oder Kuppelstange -, dann muß dieses abgeschraubt werden können, gerichtet oder ersetzt werden können, und wieder anmontiert werden können. Bei seinen Testberichten von kommerziellen Modellen hat er entsprechend auch moniert, wenn z.B. wie bei einer Dampflok des Herstellers Wende die Kuppelstangenbolzen in die Räder eingeklebt waren und so die Kuppelstangen im Fall eines Falles nicht mehr von den Rädern gelöst werden konnten.
Neben der Funktionstüchtigkeit und Wartbarkeit zeichnet auch eine enorme Stabilität und Robustheit seine Modelle aus. Seine Fahrzeuge können quasi an jeder Griffstange und jedem Laternenhalter hoch gehoben werden, ohne daß Teile abbrechen würden. Dies bedeutet nicht, daß seine Modelle etwa grob ausgeführt wären. sondern sehr wohl feine Details aufweisen. Auch ist alles genauestens und maßstäblich nach Zeichnungen des Vorbilds gebaut.
Ähnliche Baugrundsätze findet man auch bei den Spur 1 Modellen der Modellschmiede Bockholt aus Dassendorf. Tatsächlich war Alfred Jungenitz ein Weggenosse des (ebenfalls bereits verstorbenen) Firmengründers Egon Bockholt. In der Firmenchronik der Fa. Bockholt, die als Buch zum 40 jährigen Bestehen der Firma erschien, beschreibt Alfred Jungenitz, wie er den Senior motivierte, eine eigene Firma zu gründen.
Alfred Jungenitz war bestrebt seine Kenntnisse und Erfahrungen sowie seine Baugrundsätze anderen Modellbauern weiter zu geben. Von 1984 bis 1995 war in fast jeder Ausgabe der gedruckten Mitteilungen (der ehemaligen Vereinszeitschrift der IG Spur II) mindestens ein Beitrag von ihm zu finden, mal Beschreibungen vom Bau seiner Modelle, mal Zeichnungen von Vorbildern, mal Grundlagen der Anschriften an Güterwagen, mal Testberichte von Probefahrten neu erschienener Modelle auf seiner Anlage, u.a.m.
Beispielhaft erwähnen möchte ich:
- Seinen ersten Artikel in den Mitteilungen 4, in dem er seine Henschel Diesellok sowie den Bau seiner Weichen vorstellt
- In den Mitteilungen 7 stellt er seinen Triebwagen ET 51 vor
- In den Mitteilungen 9 zeigt er den Gleisplan seiner beeindruckenden Spur 2 Anlage
- In den Mitteilungen 12 beschreibt er seinen bekannten Tatzlagerantrieb
- In den Mitteilungen 33 stellt er den Bau der beiden E42.2 Modelle vor, die dann fertig das Titelblatt der Mitteilungen 41 zieren.
Ab Mitte der 90er Jahre zog er sich zunehmend aus der IG Spur II zurück und widmete sich stattdessen stärker einer lokalen Interessengruppe zur Pflege und Erhaltung von Tin-Plate Modelleisenbahnen. Bereits angefangene Modelle des DB Ommi 51 Muldenkippwagens in Spur II blieben unvollendet liegen.
In der regelmäßigen Kolumne „Menschlich“ des Hamburger Abendblatts wurde in der Ausgabe vom 31. März 1993 Alfred Jungenitz vom Autor Bob Geisler vorgestellt. Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion darf ich diese Kolumne hier wiedergeben und möchte damit die Vorstellung von Alfred Jungenitz unter besonderer Beachtung seines Spur II Modellbahnschaffens beschließen.
Kolumne aus dem Hamburger Abendblatt vom 31.3.1993, Autor Bob Geisler, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.